Kennst du die 70:20:10-Regel für das Lernen? Nein? Solltest du aber! Sie macht dir das Leben ein großes Stück einfacher und dein Online-Training erfolgreicher. Dabei hast du als Trainer sogar weniger Aufwand!
Wie wir erfolgreich lernen
Heutzutage ändert sich alles immer schneller. Die neuen Medien beschleunigen diese Entwicklung noch weiter. Erst gestern schrieb mir eine liebe Kollegin in diesem Zusammenhang:
„Das Leben ist heutzutage doch sehr kompliziert.“
Die Informationsflut durch die neuen Medien und die damit einhergehenden Möglichkeiten können aber auch eine Chance sein. Wichtig ist dabei, dass du dich davon nicht „überrollen“ lässt, sondern die Medien sinnvoll für dich nutzt.
Lernen funktioniert immer mehr über informelles Lernen, also quasi nebenbei. Wenn du es jetzt schaffst, das informelle Lernen mit deinen Online-Trainings-Angeboten zu verknüpfen, dann schaffst du einen großen Mehrwert für deine Teilnehmer. Sie können auf diesem Wege viel mehr lernen. Gleichzeitig reduzierst du den Aufwand für dich dabei.
Wie das funktioniert? Das zeige ich dir jetzt:
Die 70:20:10-Regel
Die Regel besagt, dass Menschen folgendermaßen am erfolgreichsten lernen:
- 70 % durch schwierige Aufgaben und Herausforderungen.
- 20 % durch Feedback und den gegenseitigen Austausch miteinander.
- 10 % durch die Vermittlung von Lerninhalten.
Nur 10 % durch eigentliches Lernen? Ja, ganz genau! Was sich auf den ersten Moment fast erschreckend anhört: „Warum soll ich dann überhaupt Online-Trainings anbieten, wenn da kaum was bei gelernt wird?“ Ist im zweiten Schritt der Schlüssel für erfolgreiche Online-Trainings!
Diese Regel, ach nennen wir es gar nicht Regel, nennen wir es lieber Vorschlag. 😉 Dieser Vorschlag ist nichts, was du jetzt zwanghaft auf deine Trainings übertragen solltest, der Vorschlag ist vielmehr etwas, was häufig in guten Trainings ganz unbewusst umgesetzt wird. Denk mal an Trainings, die du richtig gut fandest.
- Was hat diese Trainings so gut gemacht?
- Wodurch hast du viel mitgenommen?
Oder denk an die vielen interessanten Online-Challenges, die angeboten werden. Was ist das Feedback, welches immer wieder kommt? Genau: „Die Aufgaben waren toll, weil sie mich herausgefordert haben! Ich habe endlich die Dinge umgesetzt! Der Austausch und das gegenseitige Feedback waren super!“ Na, merkst du was? 😉 Also, wende diesen Vorschlag nicht wie eine starre Schablone an, aber sei dir dessen bewusst.
Der 70:20:10-Schlüssel im Online-Training
In deinem Online-Training könnte diese Regel nun zum Beispiel so umgesetzt werden:
10 %: Das ist der Input, den deine Teilnehmer von dir bekommen. Da diese Lerninhalt nur 10 % des erfolgreichen Lernens in deinem Kurs ausmachen, gilt hier ganz klar: „Weniger ist mehr!“ Dein Training wird nicht besser und effektiver, je mehr „Stoff“ du in deine Inhalte packst. Ganz im Gegenteil. Wir bekommen so viel Input von allen Seiten, dass es viel wichtiger ist, komprimiert die richtigen Inhalte zu vermitteln.
- Was bringt deinen Teilnehmern echten Mehrwert?
- Was brauchen sie wirklich?
Du zeigst dein Expertentum nicht, indem du alles, was du weißt in dein Training packst, sondern indem du genau das richtige für deine Teilnehmer zusammenstellst. Ich brauche im Online-Training nicht hunderte Seiten zu einem Thema. Dann kann ich auch ein Buch lesen. Es hilft mir viel mehr, wenn ich beispielsweise auf zehn Seiten die wichtigsten Themen oder die relevantesten Fragen zu dem Thema habe, die mich voranbringen. Eben genau das, was nicht in den Büchern zu dem Thema steht. Wissen bekommst du mittlerweile im Internet zu fast allen Themen kostenlos.
Aber das, was darüber hinausgeht:
- Was mache ich mit dem Wissen?
- Wie wende ich es an?
- Was bedeutet das für mich konkret?
Ja, da hören die Bücher meistens auf. Genau da solltest du ansetzen.
Weniger Aufwand für dich
Tatsächlich hast du so viel weniger Aufwand bei der Erstellung deines Online-Trainings. Es ist ein großer Unterschied, ob du 10-15 Seiten Inhalte aufbereitest oder 100 Seiten! Aber es muss natürlich gut durchdacht sein. Bring deine Erfahrung mit rein und überlege immer:
- Was brauchen deine Teilnehmer?
- Was bringt sie weiter?
20 %: Gib deinen Teilnehmern über ein Forum auf deiner Website oder eine geschlossene Facebook-Gruppe eine Plattform zum gegenseitigen Austausch und Netzwerken. Zum einen förderst du dadurch wieder das Lernen deiner Teilnehmer, zum anderen reduzierst du auch wieder deinen eigenen Aufwand. Aber eben nicht auf Kosten deiner Teilnehmer, sondern zum Nutzen deiner Teilnehmer. In den Gruppen ist es am Anfang oft sinnvoll oder manchmal auch nötig, dass du dich verstärkt mit einbringst, Fragen beantwortest, … Aktiviere die Teilnehmer immer wieder, sich einzubringen, Feedback zu geben, Fragen zu beantworten, …
Mit der Zeit wird so der gegenseitige Austausch von den Teilnehmern immer mehr und du kannst dich etwas zurücknehmen. Viele Fragen werden sich die Teilnehmer gegenseitig beantworten. Ergänzen kannst du immer noch. Sei mit deinen Teilnehmern auf Augenhöhe und sei da, wenn nötig – oder auch einfach so!
70 %: Das, was jetzt den großen Unterschied macht, wie effektiv die Teilnehmer in deinem Training lernen, ist dieser Part. Der macht 70% aus, also fast 3/4 des Lernerfolges. Wow, das ist wirklich eine Menge, oder?
Aktiviere deine Teilnehmer! Gibt Ihnen herausfordernde Aufgaben, die sie umsetzen sollen. Lass sie die Ergebnisse und ihre Erfahrungen in eure Gruppe stellen und diskutieren. Bringe deine Teilnehmer ins Handeln. So kannst du ihren Lernerfolg ganz deutlich steigern. Klar, das werden nicht alle aktiv tun. Es werden auch nicht alle, die die Aufgaben umsetzen, dies in der Gruppe kommunizieren. Das ist okay. Das muss auch nicht sein.
Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass es in der Regel ungefähr 10 % sind, die sehr aktiv in der Gruppe ihre Ergebnisse zeigen und diskutieren. Von dem Rest sind oft weitere 20-30 % immer mal wieder aktiv, aber deutlich weniger. Einige werden die Aufgaben, die du ihnen stellst, im Stillen für sich umsetzen. Alleine durch das Lesen der Beiträge von den anderen, lernen auch sie dazu. Andere werden die Aufgaben nicht umsetzen. Natürlich können auch sie von deinem Trainings-Angebot profitieren. Meistens lernen sie aber deutlich weniger, als die aktiven. Auch das ist in Ordnung. Wie heißt es so schön:
„Jeder ist seines Glückes Schmied.“
Deine Aufgabe als Online-Trainer
Du gestaltest den Rahmen des Trainings für deine Teilnehmer. Gestalte ihn so, dass die Bedingungen für deine Teilnehmer möglichst optimal sind. Was sie daraus machen, ist zu einem großen Teil ihnen überlassen. Aber wenn sie was erreichen und verändern wollen, bietest du ihnen die Chance dazu! Auf diesem Weg können die neuen Medien, vor allem auch die Social Media fantastische Möglichkeiten bieten, erfolgreiche Online-Trainings zu erstellen.
Und keine Sorge. Dabei brauchst du nicht alles umzusetzen, was es gibt! Wähle die Instrumente und Tools aus, die für dich passen. Eins nach dem anderen, step by step! Dann schwemmt dich und deine Teilnehmer die Informationsflut auch nicht davon. Wie immer gilt: Habe Spaß dabei! 🙂
Wie lernst du am besten? Ich freue mich, wenn du deine Erfahrungen in den Kommentaren mit mir teilst!
Herzliche Grüße
Vielen Dank für den interessanten Artikel.
Die Erfahrung, dass weniger mehr sein kann, habe ich auch im Laufe der Jahre gemacht. Anfangs habe ich gedacht, ich müsse alles Mögliche in meine Coaching-Programme packen und habe damit sicher den einen oder anderen Teilnehmer überfordert.
Doch selbst wenn man das erkannt hat, bleibt die Herausforderung, sich auf die 10 %, die wirklich relevant sind, zu beschränken, insbesondere dann, wenn die Gruppe sehr heterogen zusammen gesetzt ist.
An bestimmten Stellen mache ich es heute so, dass ich gewisse Basisinformationen für alle vermittele und optional darüber hinaus weitergehende Informationen anbiete für diejenigen, die tiefer einsteigen wollen.
Den Austausch in der Gruppe erleben meine Teilnehmer auch in der Regel sehr anregend und hilfreich. Nicht nur in Bezug auf konkrete Umsetzungserfolge, sondern auch deshalb, weil Solo-Unternehmer – das sind meine Teilnehmer – oftmals sehr isoliert arbeiten und in einer Gruppe die Möglichkeit haben, sich auch einmal mit anderen zu vergleichen und sich untereinander auszutauschen.
Hallo Simone,
ich habe das unter dem Namen „Delta-X“-Learning kennengelernt. Das heißt der Trainer gibt Dir eine Aufgaben, für die Du noch nicht alles weißt. Und nach meiner Erfahrung ist die Lernkurve dadurch ziemlich steil. Und es fühlt sich sehr anstrengend an, während man im Prozess hängt. Aber das Erfolgsgefühl danach ist ebenfalls überwältigend.
Solange der Trainer darauf achtet, dass die Anspannung nicht in Frustration überkippt.
Viele Grüße,
David
Hallo David,
danke für dein Feedback!
Der Grad an Herausforderung und Überforderung kann manchmal schon recht schmal sein. Gerade im Online-Training, im dem ich die direkten Reaktionen oft nicht (von allen) Teilnehmern mitbekomme, ist hier das Gespür des Trainers sehr wichtig.
Ich freue mich immer sehr, wenn aus „Boah, ist das schwierig, wie sollen wir das denn schaffen?“ „Boah, ist das Wahnsinn, was wir geschafft haben! Ich habe noch nie so viel gelernt!“ wird. 🙂
Herzliche Grüße
Simone